Logotherapie ist eine sinnorientierte Beratungs- und Behandlungsform für alle Formen psychisch, psychosozial oder psychosomatisch bedingter Verhaltensstörungen und Leidenszustände. abgeleitet vom griechischen logos = der Sinn

Neben der Psychoanalyse Sigmund Freuds und der Individualpsychologie Alfred Adlers ist die Logotherapie (= Existenzanalyse) die sog. „dritte Wiener Schule“ der Psychotherapie, um 1930 von Viktor E. Frankl (1905 – 1997) gegründet.

Grundannahme: der Mensch ist von Grund auf auf Sinn ausgerichtet, sein Leben braucht Sinn ebenso wie Nahrung oder Schlaf.

Fehlt der Sinn, kann das zu psychischen Krankheiten führen bzw. bewirken psychische Erkrankungen Probleme mit dem Sinn-Haben und Sinn-fühlen des Menschen.

Die Logotherapie ist in Österreich als Therapieform anerkannt.

  • Individualpsychologie (Adler): stellt die menschlichen Beziehungen in den Mittelpunkt
  • Freud: geht von psychisch-triebhaften Kräften im Menschen (daher Binnendynamik) aus; das „Es“ treibt den Menschen mit seinen Trieben (Macht, Sexualität usw), das „Unbewußte“ mit unbewußten Anteilen an; in der „Psycho“-Analyse soll bewußt gemacht werden
  • Frankl: in seiner „Existenz“-Analyse stellt er die Beziehung des Menschen zur Welt und zu ihren Werten in den Mittelpunkt; das Ziel der Behandlung ist der Sinn

Die Logotherapie setzt bei dem an, was ist, und hat das Ziel, dem Menschen zu einem (geistig und emotional) freien Erleben, zu authentischen Stellungnahmen (d.h.: wie lebe ich, was denke ich, meine Meinung, wie ist mein Kontakt zu anderen Menschen etc) und eigenverantwortlichem Umgang mit sich selbst* und ihrer Welt zu verhelfen.

Der Mensch soll befähigt werden, voll hinter seinem Leben –so wie es im Alltag ist, jede seiner (täglichen) Handlungen- zu stehen. (oder: Das ganze Leben, die einzelnen Dinge, die Tatsachen, die eigenen Handlungen zu akzeptieren, okay zu ihnen zu sagen. „echt“, „authentisch“ sein.)

* Eigenverantwortlicher Umgang mit sich selbst:

  • Ich mache mich nicht kaputt indem ich mich ablenke und/ oder Drogen nehme und/ oder gewisse Dinge wie Drogen verwende (fernsehen, Sex, Computerspiele, arbeiten etc).Wenn etwas schief geht schaue ich bei mir UND meiner Umgebung, woran es liegen könnte. Ich warte nicht darauf, bis irgendwas oder jemand sich ändert, sondern ändere selber etwas.
  • Ich gehe keine Beziehungen ein, die mich kaputt machen können.
  • Ich gebe nicht nur der Welt oder anderen die Schuld, wenn etwas nicht klappt.
  • Ich weiche unangenehmen Fragen, unangenehmen Dingen nicht aus.

Den Menschen sieht Frankl (platonisch-aristotelisch beeinflusst) als Einheit von Leib, Psyche, Geist. Die positive Betonung des Leibes (und ebenso des Leidens) ist jüdisch-christlicher (also nicht-platonischer) Herkunft.

Der Mensch ist immer zugleich leiblich, seelisch, geistig. Er lässt sich nicht reduzieren auf einen dieser Aspekte.

1_ Als Wesen, das einen Leib hat, geht es dem Menschen um dessen Erhaltung. Zu dieser bedarf es der Ernährung und des achtsamen Umgangs mit seinem Körper (Bewegung, Gesundheit, usf.). Auch die Sexualität gehört für Frankl in diese Dimension.

2_ Als Wesen, das eine Psyche hat, sucht der Mensch Zustände zu erreichen, die ihm Wohlbefinden versprechen; hier richtet sich sein Wille darauf, sein Leben –einen Tag davon, „Teile“ davon- gelingen zu lassen.

3_ Als ein Wesen, das geistig ist (in seiner psycho-physischen Dimension von dem Geistigen durchdrungen wird) geht es dem Menschen um Motive, die das Leben „umgreifen“ (um größere Dimensionen des Lebens): Sinn und Wert des Lebens, Glaube, Liebe, Freiheit und Verantwortung werden hier gewonnen und gewinnen von hier Einfluss auf das Psychophysikum (die anderen 2 Teile).

Für Frankl ist der Mensch also mehr als ein „Seelenapparat“ (Sigmund Freud) und mehr als ein nach Macht strebendes Wesen (Alfred Adler). Die geistige Dimension vervollständigt die für ihn mangelhafte Sicht des Menschen, die Frankl bei der Psychoanalyse und der Individualpsychologie sieht..

Lt. Frankl kann nur das Psychophysikum erkranken, die geistige Dimension bleibt gesund.

(Anmerkung: Wir sind nicht sicher, ob wir Teile dieses Artikels evtl. schlecht zitiert haben; falls Sie  diesbezüglich Informationen haben kontaktieren Sie uns bitte.)

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Der Wert des Menschen

Psychologisieren ist bei uns längst im Alltag angekommen, vor allem bei aufsehenerregenden Gewalttaten schwirren die Fragen umher: Warum hat der das gemacht? Wer ist schuld? Ist er schuld daran? Welche Defizite haben ihn zu dieser Tat getrieben? Oder ist er krank? etc
Das sind Fragen, die unser Menschenbild offenbaren: Es wird etwa eine Problemstellung angenommen, die den Menschen zur Tat getrieben hat. Getrieben hat: heißt fast, er konnte nicht anders. Das Freud´sche Menschenbild sieht die Psyche als von drei Kräften strukturiert: Das Ich, das Es und das Über-Ich, die zueinander in Spannung stehen. Das ist ein sehr mechanistisches Bild, das den Menschen als von diesen inneren Kräften hin- und her gerissenen zeigt („Die Spannung zwischen den Ansprüchen des Gewissens und den Leistungen des Ichs wird als Schuldgefühl empfunden.“ => Wikipedia => Sigmund Freud: Das Ich und das Es. Metapsychologische Schriften. Einleitung Alex Holder. Fischer Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 1992, S. 275.) und dabei eine recht passive Rolle einnimmt- er wird von den inneren Trieben beherrscht, die aber von den von außen kommenden Regeln via das Über-Ich begrenzt werden.

Ganz anders die Logotherapie. Der Mensch zeigt sich hier nicht als Ergebnis vergangener Erlebnisse sondern als freie Kreatur, die nicht automatisch das Opfer der Bedingungen ist, denen er unterworfen war oder ist. Das ist eine Konsequenz aus dem Menschenbild in der Logotherapie, das den Menschen nicht im Positivismus klein macht oder ihn (nur) als Ausdruck mechanistischer Kräfte versteht sondern als gestaltendes Wesen, das mit dem, was er mit seinem Leben macht, der Welt auf ewig seinen (wenn auch kleinen) Stempel aufdrückt. Alexander Batthyany erklärt in seinem Vortrag genau dies: wie das Menschenbild in der Psychologie den Dingen Bedeutung gibt oder nimmt und damit den ganz grundsätzlichen Wert eines Menschen definieren können.

(Tipp: bei 8:43 starten)

Viktor Frankl zum Beispiel hatte Höhenangst:
„Auf die Frage, wie er selbst zum Klettern gekommen sei, antwortete Frankl: „Offen gesagt, die Angst davor.“ Diese Angst vor der Höhe, dem Abgrund, dem falschen Griff wirkte für den bekannten Neurologen und Psychiater geradezu als Würze des Lebens: „Muss man sich denn auch alles von sich gefallen lassen? Kann man nicht stärker sein als die Angst? Und so habe ich denn auch mich, als ich mich vor dem Klettern fürchtete, gefragt: Wer ist stärker, ich oder der Schweinehund in mir? Ich kann ihm ja auch trotzen. Es gibt doch etwas im Menschen … die Trotzmacht des Geistes gegenüber Ängsten und Schwächen der Seele.“ (Quelle: https://wwmehr über Viktor Frankl und die Logotherapiew.bergnews.com/service/viktor-frankl/viktor-frankl.php)


Wirklich beeindruckend zu aktuellen Themen ist der Vortrag von Boglarka Hadinger, einer Frankl-Schülerin, Leiterin des Instituts für Logotherapie und Existenzanalyse Tübingen / Wien: