Neil Postman und die schöne neue Medienwelt

Christ oder nicht Christ, wir sind Kinder unserer Zeit. Dazu  Viktor Frankl: „Die Freiheit des Menschen ist selbstverständlich nicht eine Freiheit von Bedingungen, sei es biologischen, sei es psychologischen oder soziologischen; sie ist überhaupt nicht eine Freiheit von etwas, sondern eine Freiheit zu etwas, nämlich die Freiheit zu einer Stellungnahme gegenüber all den Bedingungen.“ Daher sollten wir kennen, was uns prägt, um zu wissen, woher der Wind weht. Es war immer schwierig, die Herkunft des Windes zu bestimmen, heute hat das Ganze eine neue Dimension erreicht. „Der Feind“ ist nicht mehr irgendein Grobian von um´s Eck, oder der Drogendealer oder so. Das Gefährliche heute ist das, was uns Vergnügen macht, denn es kontrolliert uns viel subtiler als das Offensichtliche, sagt Neil Postman:

13 „Es entsteht ein System, in dem niemand unterdrückt werden muß, um kontrollierbar zu sein.“ / 22:28 Bunte Botschaften richten sich an alle und niemanden. Die Flut von Informationen läßt keine Entscheidung mehr zu, welche Signale wichtig sind und welche nicht. / 24:14 Information (…) wurde zur Ware, die gekauft und verkauft werden konnte. Dadurch hat sie ihren Sinn verloren, ihren unmittelbaren Zweck für unser Handeln. Das Ergebnis ist, dass die Informationen jetzt aus ihrem Zusammenhang gerissen sind. (…) eine Kultur, die nur noch aus Information besteht, ohne Hintergrund, ohne Zusammenhang, ohne irgendeinen bestimmten Nutzen. / 30:25 Nichts ist wahr, weil alles wahr sein könnte. / 36:48 Ich bin sehr skeptisch, was die Begeisterung der Leute für Cyber Space betrifft. Ich vermute, das ist ein psychopathischer Ausdruck der Tatsache ist, dass die meisten Menschen bereits jetzt mehr symbolische Erfahrungen machen als reale Erfahrungen. / 42:38 Es geht immer um dasselbe Problem: wir können uns selbst nicht entkommen. / 43:53 Diese Maschine ist kein Ersatz für die wirklich wichtigen Dinge, die Menschen füreinander tun sollten.

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Aus der Einleitung zum nebenstehenden Buch: „In banger Erwartung sahen wir dem Jahr 1984 entgegen. Als es kam und die Prophezeiung nicht eintraf, stimmten nachdenkliche Amerikaner verhaltene Loblieder an – auf sich selbst. Die Wurzeln der freiheitlichen Demokratie hatten gehalten. Mochte anderswo der Terror ausgebrochen sein – uns zumindest hatten Orwells Alpträume nicht heimgesucht.

Aber wir hatten vergessen, daß es neben Orwells düsterer Vision eine zweite gegeben hatte – ein wenig älter, nicht ganz so bekannt, ebenso beklemmend: Aldous Huxleys Schöne neue Welt. Entgegen einer auch unter Gebildeten weit verbreiteten Ansicht haben Huxley und Orwell keineswegs dasselbe prophezeit. Orwell warnt vor der Unterdrückung durch eine äußere Macht. In Huxleys Vision dagegen bedarf es keines Großen Bruders, um den Menschen ihre Autonomie, ihre Einsichten und ihre Geschichte zu rauben. Er rechnete mit der Möglichkeit, daß die Menschen anfangen, ihre Unterdrückung zu lieben und die Technologien anzubeten, die ihre Denkfähigkeit zunichte machen.

Orwell fürchtete diejenigen, die Bücher verbieten. Huxley befürchtete, daß es eines Tages keinen Grund mehr geben könnte, Bücher zu verbieten, weil keiner mehr da ist, der Bücher lesen will. Orwell fürchtete jene, die uns Informationen vorenthalten. Huxley fürchtete jene, die uns mit Informationen so sehr überhäufen, daß wir uns vor ihnen nur in Passivität und Selbstbespiegelung retten können. Orwell befürchtete, daß die Wahrheit vor uns verheimlicht werden könnte. Huxley befürchtete, daß die Wahrheit in einem Meer von Belanglosigkeiten untergehen könnte. Orwell fürchtete die Entstehung einer Trivialkultur, in deren Mittelpunkt Fühfilme, Rutschiputschi, Zentrifugalbrummball und dergleichen stehen. Wie Huxley in Dreißig Jahre danach oder Wiedersehen mit der Schönen neuen Welt (Brave New World Revisited) schreibt, haben die Verfechter der bürgerlichen Freiheiten und die Rationalisten, die stets auf dem Posten sind, wenn es gilt, sich der Tyrannei zu widersetzen, „nicht berücksichtigt, daß das Verlangen des Menschen nach Zerstreuungen fast grenzenlos ist“. In 1984, so fügt Huxley hinzu, werden die Menschen kontrolliert, indem man ihnen Schmerz zufügt. In Schöne neue Welt werden sie dadurch kontrolliert, daß man ihnen Vergnügen zufügt. Kurz, Orwell befürchtete, das, was uns verhaßt sei, werde uns zugrunde richten. Huxley befürchtete, das, was wir lieben, werde uns zugrunde richten.“             Dieser Beitrag ist meinem Neffen J gewidmet.

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Irgendwann wird der grösste Medienclown zum Präsidenten: Der Medienwissenschafter Neil Postman hat schon vor mehr als 30 Jahren einen Donald Trump vorhergesagt. Artikel der NZZ vom 21.10.2018

Wie das Fernsehen alles völlig verdreht Zeitartikel

„We have a real treat for you this evening…“

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Manipulation besser verstehen: wie sie in der Wirtschaft begann